Reitende Frauen haben sich zwischen den Weltkriegen erfolgreich und nahtlos in eine von Männern geprägte Entwicklung eingefügt. Ihrer eigenen Historie im Sattel wurde dabei kaum mehr Beachtung geschenkt.
Mein Forschungsprojekt befasst sich mit der Aufarbeitung der Geschichte der europäischen Frau im Sattel.
Wissenschaftlich basierte Aussagen dazu gibt es kaum. Belastbare Quellen waren bisher entweder nicht erschlossen oder so selten, dass keine plausiblen Folgerungen aus ihnen abgeleitet werden konnten.
Vielmehr wurden ab dem 19. Jahrhundert populärwissenschaftliche Annahmen, Überlieferungen und Klischees zu Papier gebracht, die häufig dem Frauenbild der jeweiligen Epoche entsprachen. Mangels neuer, fundierter Publikationen werden diese in der modernen Forschung bis heute rezipiert. Durch konsequentes Zusammentragen reiner Primärquellen lassen sich jedoch Muster und Erkenntnisse ableiten, die einen deutlich zuverlässigeren und differenzierteren Blick auf die Realität der reitenden Frauen im letzten Jahrtausend zulassen.
So spielte zum Beispiel der Gebrauch von Pferden zur Darstellung und Betonung des sozialen Status eine vergleichbar große Rolle wie bei den Männern. Dennoch hat man viele politisch erfolgreiche Frauen seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert in der Geschichtsschreibung sukzessive herabgewürdigt. Dieser Prozess spiegelt sich in der Berichterstattung über Frauen im Sattel.
Eine Publikation ist in Arbeit, die neben der Reitausrüstung auch den Wandel in der Reittechnik dokumentiert und die soziale Rolle der reitenden Frau beleuchtet. Darüber hinaus erarbeite ich zurzeit einen Katalog der bedeutenden Damensättel des 7. bis 18. Jahrhunderts, die sich in Museen und privaten Sammlungen erhalten haben und bearbeite archäologische Funde.
Bereits erschienene Publikationen:
"Die Frau in der höfischen Reiterei"
"Der Sattel von Bislich"
in: Bonner Jahrbücher, Band 220, 2020, Philipp von Zabern. (Zur Neubewertung des frühmittelalterlichen Sattelfunds von Wesel-Bislich als Frauen-Quersattel.)
"Frauen-Quersattel und Zaumzeug mit Trense (mit Rekonstruktionen)"
mit Pr. Dr. Bernd Päffgen und Harald Krause M.A. Beitrag zum Ausstellungskatalog "Tassilo, Korbinian und der Bär", S. 196-199. Haus der Bayerischen Geschichte 2024. (Zur Bewertung und Rekonstruktion des frühmittelalterlichen Sattelfunds von Aufhausen/Bergham als Frauen-Quersattel.)
Publikationen in Vorbereitung:
"European women in the sideways and the side-saddle"
in: Harnessing Horses Prehistory to History: The Interdisciplinary Handbook for the Study of Horses Through Time. Status: Publikation in Vorbereitung. (Aufsatz im Rahmen eines Nachschlagewerks für Lehrkräfte, Schüler und Studierende.)
"Das Reitzeug aus dem spätmerowingerzeitlichen Kammergrab der Dame von Aufhausen/Bergham (Stadt Erding)"
mit Pr. Dr. Bernd Päffgen. In: Archäologisches Korrespondenzblatt. Status: Entwurf eingereicht. (Zur Bewertung und Rekonstruktion des frühmittelalterlichen Sattelfunds von Aufhausen/Bergham als Frauen-Quersattel.)
"A-Hunting We Will Go - The transition from the sideways saddle to the side-saddle at the turn of the sixteenth century and its significance for female equitation"
in: Horses in Medieval History and Folklore: Festschrift in Honour of John Clark, edited by Anastasija Ropa and Emma Herbert-Davies. Serie: Rewriting Equine History. Status: Entwurf eingereicht. (Der Schritt vom passiven Quersitz zum aktiven Seitsitz. Die Bedeutung der neuen reiterlichen Leistungsfähigkeit für Frauen in Herrscherpositionen anhand der Beispiele Catherine von Medici, Elizabeth I. von England und Maria von Ungarn. Kritischer Vergleich belastbarer Quellen mit der nachlässig recherchierten und nicht selten diffamierenden Literatur vom 18. bis 21. Jahrhundert.)
"European Women on horseback - The Lost History"
In: Studia Archaeologica Brunensia, Status: Entwurf eingereicht und in Übersetzung. (Aufsatz zum Vortrag an der Universität Brno im November 2022, "Evropanky na koňském hřbetě –ztracená historie".)