EQUINE EMPATHY ESSENTIALS
key to equestrian perfection


WISSENSCHAFTLICHE FORSCHUNG ZUR GESCHICHTE  DER FRAU IM SATTEL
KLASSISCHE DRESSUR
DAMENSATTEL


Administration

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2023-10-28

Anmerkungen zur Gebiss-Studie von Dr. M. Koenen (Oktober 2023)

Mannschaftstierarzt Dr. Marc Koenen hielt beim diesjährigen Jahrestreffen des IDRC einen Vortrag dessen Zusammenfassung ich vor einigen Tagen als Link an einige ReiterInnen weitergeleitet habe und auf den ich viele Reaktionen bekam – was bedeutet, dass das Thema viele beschäftigt.

Hier der Link: https://dressursport.kim/hammer-erkenntnis-nicht-auf-sondern-in-der-zunge/ (Danke Nicole H. übrigens, dass Du mich darauf aufmerksam gemacht hattest ;-))

Eine kurze Zusammenfassung: Koenen dokumentierte die Mäuler von vier Pferden mit unterschiedlichen Maulspalten mittels CT – einmal ohne Gebiss, einmal mit Wassertrense und einmal mit Kandarengebiss und Unterlegtrense. Die überraschende Erkenntnis war, dass keines der Gebisse auf der Zunge lag, wovon man bisher ausgegangen ist, sondern, dass alle in das Zungengewebe einsanken.

Der Versuch hatte die Zielsetzung festzustellen, ob ein Kandarengebiss nebst Unterlegtrense nicht zuviel Metall im Maul eines Pferdes darstellt. Dem scheint nicht so zu sein, aber mich hat das Ergebnis sehr nachdenklich gemacht – aus einem anderen Grund.

Wer mich kennt weiß, dass ich dem Hand-Anteil der Parade keinen besonders großen Stellenwert einräume außer vielleicht, dass er sehr gefühlvoll und zu 100% auf das Maß der herantreibenden Hilfen abgestimmt sein muss. Geritten wird von hinten nach vorne und der Fokus sollte auf Kreuzeinwirkung, Schenkel und Gewichtshilfe liegen, um die in der Dressur geforderte weiche Anlehnung zu erreichen. Das Aufbauen von Kraft und Balance mit dem Ziel, dass sich das Pferd tragen und vom Gebiss abstoßen kann, erreitet man von hinten nach vorne und zieht es nicht von vorne nach hinten herbei…
Nichtsdestotrotz zeigen viele Pferde anfänglich große Auffälligkeiten bezüglich der Anlehnung. Kopfschlagen, Herausheben, aufs Gebiss legen, das Gebiss ausspucken und Aufrollen (nicht ans Gebiss herantreten) sind Verhaltensweisen, die ich täglich erlebe. Sie verschwinden in der Mehrzahl der Fälle nicht durch einen Gebisswechsel oder einen neuen Trensenzaum sondern durch eine Veränderung der Reitweise -> vom Schenkel- zum Rückengänger, von der absoluten zur relativen Aufrichtung. Über dies Bedeutung dieser Begriffe sprechen wir ja häufig – daher gehe ich darauf jetzt mal nicht ein;-).

Nur ganz selten sehe ich mir die Zäumung dann doch genauer an: Wenn ich nämlich das Gefühl habe, dass ein Pferd mit einem bestimmten Gebiss (und der daran hängenden Reiterhand) schlechte Erfahrungen gemacht hat und dem mit großer Anspannung begegnet. Ich stelle mir das wie Sattelzwang vor. Pferde reagieren ja oft noch jahrelang reflexartig beim Satteln – auch wenn der unpassende Sattel längst ersetzt wurde. Ich habe das also bisher als eine Art Schmerzgedächtnis interpretiert und das gewohnte Gebiss lieber ausgetauscht, was häufig eine Verbesserung gebracht hat. Dabei war es völlig egal ob ich vom einfach auf ein doppelt gebrochenes Gebiss gewechselt habe oder umgekehrt.

Die Ergebnisse des oben genannten Pilotprojekts von Dr. Koenen werfen da allerdings bei mir die Frage auf, ob eine rücksichtlose Reiterhand nicht auch Verletzungen oder Vernarbungen im Zungengewebe hinterlassen kann, das dann tatsächlich schmerzempfindlicher reagiert als es normalerweise der Fall wäre.* Das wüsste ich wirklich gerne und daher hoffe ich, dass Dr. Marc Koenen das Thema weiterverfolgt!

Bettina Keil-Steentjes, Oktober 2023

* (Wenn das Gebiss “in” der Zunge eingebettet liegt, dann verdrängt es ja Gewebe. Demnach müsste sich der Abstand zu den Laden verringern. Großer Duck auf das Gebiss - oder wahlweise “viel” in der Reiterhand, müsste demnach Quetschungen an der Zunge hervorrufen - oder?… ich dachte da spontan an den “blue-tongue-Skandal von 2009).

Admin - 18:41:51 @